Cabernet Franc in seiner denkbar pursten Form

Hin und wieder – wenn auch sehr sehr selten – begegnet man Weinen, die im Preis-Genuss-Verhältnis einfach eine Ausnahme zur breiten Norm bilden. Die Loire ist in diesem Zusammenhang für mich persönlich nicht unbedingt eine Fundgrube. Dies mag zu einem großen Teil auch daran liegen, dass die Loire aktuell nicht unbedingt eine Region ist, mit der ich mich viel beschäftige. Und es hat auch damit zu tun, dass meine ersten Erfahrungen mit Rotweinen der Loire – um ehrlich zu sein – eher grausam waren.

Im Mai 2018 hatte ich mehr oder weniger „aus der Hüfte heraus“ vermutet das Thierry Germains »Les Roches« der denkbar beste Einstiegswein in die Welt des Cabernet Franc der Loire sein könnte. Heute, also ca. ein Jahr später, muss ich bekennen, dass der Einstiegswein »Clos Mazurique« von Arnaud Lambert ziemlich nah an den »Les Roches« von Germain herankommt (wobei mir persönlich der Les Roches noch einen Tick besser gefällt). Er liegt aktuell preislich sogar noch darunter und stammt ebenfalls aus Saumur, genauer gesagt von einem clos (ein umfriedeter Weinberg, der aus einem guten Grund vor langer Zeit mit einer Mauer umzogen wurde) der großen Lage »Brézé«.

Chenin-Blanc-Liebhabern zaubert dieser Lagen- und Gemeindenamen ein breites Lächeln auf die Lippen. Sie denken in erster Linie an die trockenen Weißweine der Kult-Domaine »Clos Rougeard« oder die Weine der »Domaine Guiberteau«. Jemand, der sich voraussichtlich in den nächsten Jahren auf einem ähnlich hohen Niveau ansiedeln dürfte, ist der eben schon genannte Arnaud Lambert.

Arnaud Lambert im »Clos de la Rue«. © http://www.thesourceimports.com

Dabei steht es aktuell eigentlich gar nicht so gut um die Weine aus Brézé, auch wenn Wein aus der Gemeinde Brézé geschichtlich gesehen in vergangenen Zeiten einen ausgezeichneten Ruf genoss. Ja scheinbar sogar so gut, dass Brézé-Wein etwa so viel Wert war wie Wein von »Château d’Yquem«. Das ist heute leider nicht mehr der Fall, da der größte Teil von Brézé nicht für Qualitätsweinbau genutzt wurde und noch wird. Man fragt sich warum? Und wie konnte es dazu kommen? Aber das ist eine andere Geschichte…

Yves Lambert – Arnauds Vater, der leider bereits im Jahr 2011 verstorben ist – gründete im Jahr 1996 als Quereinsteiger aus der Finanzbranche die »Domaine de Saint-Just« in Saint-Cyr-en-Bourg. Arnaud stieg nach Önologiestudium und diversen Weiterbildungen, hauptsächlich im önologischen Bereich, im Jahr 2005 mit in das väterliche und noch immer sehr junge Weingut ein. Arnaud ist eine Person, die sich kontinuierlich weitergebildet und entwickelt hat, um ein besserer vigneron zu werden.

Im Jahr 2005 kamen die Lamberts durch freundschaftliche Beziehungen zu den Besitzern des »Château de Brézé« an ca. 20ha (11ha weiß, 9ha rot) der besten Weinlagen in Brézé. Darunter befanden sich 8 von 13 (!) vorhanden clos in Brézé! Der Zustand, in dem Arnaud die Lagen übernommen hat, war nach eigener Aussage eine Katastrophe. Der Oberboden war durch die chemische Bewirtschaftung der Reben über Jahrzehnte hinweg quasi tot. In Zusammenarbeit mit seinem Vater stellte Arnaud Stück für Stück auf ökologischen Weinbau um, um die Böden und Reben „wiederzubeleben“. Verkostet man Arnauds einfachsten Saumur Rouge (eben den Clos Mazurique), scheint die Reanimation gelungen zu sein.

Den clos Mazurique wählte er aus einem einfachen Grund für seinen Saumur Rouge, es war der größte zusammenhänge und mit Cabernet Franc bestockte clos. Ja, irgendwie fast verrückt, dass dieser „10-Euro-Wein“ aus einem eigenen clos stammt. Arnaud fermentiert und baut den Wein bewusst nur kurz im Stahltank aus (ich meine nur 6 Monate), was zu einem puren, aromatischen und saftigem Stil führt. Das ist für mich sehr purer Ausdruck des Cabernet Franc, wie man ihn eigentlich nur von der Loire kennt. Sehr aromatisch und in einem guten Sinne „fruchtig“. Für jeden Weintrinker gut „zu verstehen“ – und vor allem zu trinken – und dennoch keine Sekunde oberflächlich.

»Clos Mazurique«, Domaine Arnaud Lambert, Loire, Saumur (Brézé), 2018, 13%, ca. 10€clos-mazurique-2018-chateau-de-breze

Farblich zeigt sich dieser Cabernet Franc mit durchaus intensiver lila Robe (auch wenn der Most nur kurz mazeriert wurde) und leichter Transparenz. Das Bouquet ist wie bereits erwähnt sehr aromatisch, fruchtig, leicht wild und irgendwie puristisch. Der typische Pfeffer des Cabernet Franc ist wahrnehmbar, dazu Kräuter, Kirsche und Lakritz (auch ohne Holzeinfluss). Hat bereits eine schöne Tiefe und Substanz in der Nase.

Im Trunk mit einer gewissen Leichtfüssigkeit durch die vorhandene Säurestruktur und dennoch mit einem recht langen Abgang, wie ich finde. Auch hier pfeffrig, an Pflaumen, Zwetschgen, Lakritz und eher dunkle Kirschen erinnernd. Das ist sehr saftig und frisch, ja trinkig. Kaum störendes Tannin ist vorhanden, wenn auch spürbar, was dem Wein ein gewisses Rückrat verleiht. Am zweiten Tag wirkt er fast schon etwas weihnachtlich von der Nase her und erinnert mich zunehmend an Kirsche und auch etwas Zimt. Auch die Pfeffrigkeit hat jetzt abgenommen. Er wirkt jetzt fruchtbetonter als am ersten Tag. Eine echte Überraschung dieser Einstiegs-Saumur-Rouge aus einer Monopollage in Brézé.

Um es in den Worten von Hendrik Thoma zu formulieren: Das ist richtig viel „Spaß im Glas“ (für wenig Geld)! Definitiv ein echter Weinwert, der von mir bereits schon nachbestellt wurde. In den nächsten Jahren werden die Preise von Arnauds Weinen mit Sicherheit steigen, aber auch an Feinheit und Präzision dazugewinnen. Da bin ich mir sicher. Solch einem ansprechenden Rotwein in der Kategorie 10,-€ begegne ich seltenst. Auf vinatis.de könnt ihr Arnauds »Clos Mazurique« kaufen:

»Domaine Arnaud Lambert Clos Mazurique 2018«

»Domaine Arnaud Lambert / Château de Brézé«

»Vinatis Loire«

Ein fester Stern am Jurahimmel

Ich muss zugeben, dass sich die kleine Region des französischen »Jura« inzwischen einen festen Platz in meinem Weinherz erobert hat. Gerade die unter der Florhefe ausgebauten Weißweine haben es mir besonders angetan. Sie bringen eine Komplexität (und meist auch Intensität) mit sich, die man sonst selten bei Weißweinen im Preissegment zwischen 10-20 Euro findet. Meistens werden diese Weine für 2 bis 4 Jahre lang ausgebaut. Dafür sind sie immer noch erstaunlich „günstig“. Sie munden vorzüglich zum gereiften Vorzeigekäse der Region, dem »Comté«.

Und ja, sie haben alle einen ähnlichen Charakter, wenn sie »sous voile« (franz. für „unter dem Schleier“) ausgebaut wurden. D.h., der allmählich verdunstende Wein im Fass wird bewusst nicht aufgefüllt. Meist bildet sich dann auf natürliche Weise ein Florhefeschleier an der Oberfläche des Weines. Diese schützt den Wein vor weiterer Oxidation, andererseits verleiht sie ihm aber auch seinen einzigartigen Geruch und Geschmack, der auch einen stark oxidativen Charakter haben kann. Diese Weine zeigen sich zumeist nussig, salzig, manchmal auch wachsig oder honigartig und erinnern an frische bis mostige Äpfel, reife Quitten oder Birnen. Sie sind grundsätzlich trocken und haben meist eine frische und tragende Säurestruktur. Meine Frau hasst diese Weine. Ich liebe sie (die Jura-Weine und meine Frau)!

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Fossile See-Lilienstiele. Vielleicht die Namensgeber der Appellation »L’Étoile«. © http://www.le-lorrain.fr

Nach »Château-Chalon« (ausschließlich für »Vin Jaune« als AOC zugelassen) ist »L’Étoile« mit ca. 75ha die zweitkleinste Unterregion des Jura. L’Étoile liegt nördlich der Stadt Lons-le-Saunier und südlich von Arlay. L’Étoile (franz. „der Stern“) verdankt seinen Namen entweder den kleinen fossilen und fünfarmigen See-Lilienstielen, die an einen fünfarmigen Stern erinnern und reichlich im Mergelboden zu finden sind, oder den fünf kleinen Hügeln, die die Stadt l’Étoile umschließen. Die kleine Appellation ist vor allem bekannt für ihren Crémant (erscheint seit 1995 unter der AOC »Crémant du Jura«) und ihren Chardonnay. Rotwein darf nicht unter der AOC L’Étoile verkauft werden.

Der wahrscheinlich beste Erzeuger in l’Étoile ist die »Domaine de Montbourgeau«. Die Domaine wird inzwischen in 4. Generation geführt (gegründet 1920) und verfügt über 11ha Weinberge. Nicole Deriaux hat die Verantwortung in diesem Jahr an ihren jüngsten Sohn, César, übertragen.

Ich durfte bisher drei Weine der Domaine verkosten und kann direkt sagen, dass sie mit zu den feinsten Jurakreationen gehören, die ich bisher probieren durfte. Es sind wunderbare – wenn man so will – traditionelle Botschafter ihrer Region.

»En Banode«, Domaine Montbourgeau, Jura, L’Étoile, 2015, 13%, ca. 21€etoile-en-banode-2015-domaine-montbourgeau

»En Banode« ist eine besondere Cuvée aus den zwei weißen Hauptrebsorten des Jura, die im Jahre 1970 zusammen in einem einzigen Weinberg mit selbigem Namen angepflanzt wurden. 60% Chardonnay und 40% Savagnin werden gleichzeitig geerntet und gemeinsam vergoren, was ungewöhnlich fürs Jura ist. Ausgebaut wird diese field blend (engl. für „gemischter Satz“) für mindestens ein Jahr lang in größeren foudres (2.000 Liter und mehr fassende Fässer) und darauf folgend für weitere 2 bis 2 1/2 Jahre in demi-muids (500-Liter-Fässern).

Das Ergebnis ist ein Wein mit einer wunderbaren Spannung und Energie am Gaumen. Er wirkt fast etwas herb und kernig. Definitiv noch sehr jung und braucht Zeit zum Reifen. Vom Bouquet her erinnert er an Apfeltart, mehr Haselnuss als Walnuss, Apfel, Birne und Morcheln. Die klassische „oxidative“ Jurastilistik ist eher zurückhaltend, wenn auch vorhanden. Nach 2-3 Tagen an der Luft nimmt man auch Kastanienhonig, reife Quitten und Lemoncake in der Nase war. Die kristalline Säureader klingt im Abgang zitrisch und vor allem nussig (Haselnuss) aus. Sehr interessanter Wein, der sehr gut reifen wird und dem dies auch gut tun wird.

etoile-cuvee-speciale-2014-domaine-montbourgeau»Cuvée Spéciale«, Domaine Montbourgeau, Jura, L’Étoile, 2014, 13%, ca. 24€

Die »Cuvée Spéciale« ist der Flagschiff-Weißwein des Hauses. Er besteht hauptsächlich aus Chardonnay, der von alten Reben stammt, und einem Touch Savagnin. Ausgebaut wird der Wein für 4-5 Jahre (!) in fûts (230-Liter-Fässern).

Mir kommt sofort ein Wort in den Kopf, wenn ich mich an den Wein zurückerinnere: Intensiv. Dies zeigt sich bereits auch in der fast ins Bronze gehenden Farbe. Direkt nach dem Karaffieren der Flasche strömen Noten von Honig, Klebstoff, Bienenwachs und Walnüssen (alles aber sehr charmant) aus dem Glas. So richtig an zu singen fängt erst nach 2-3 Tagen in der Karaffe. Sehr viele Gewürze (im Sinne des franz. curry), Steinobst, Orangenzeste (?), grüner bis reifer Apfel, Salz, Trockenobst, Salznüsse und auch heller Tabak sind wahrnehmbar. Am Gaumen super intensiv und nach Apfel und Bienenwachs schmeckend. Was eine hammer Säure dieser Wein hat (läserstrahlartig)! Man kann ihn jetzt schon trinken (mit Essensbegleitung), er ist aber eigentlich noch viel zu jung.

»Savagnin«, Domaine Montbourgeau, Jura, L’Étoile, 2015, 13%, ca. 27€etoile-savagnin-2015-domaine-montbourgeau

Der Savagnin ist wohl der aktuell zugänglichste Wein dieser Serie. Auch hier fällt mir direkt ein Stichwort ein, das auch schon Wink Lorch im Kopf hatte, als sie diesen Wein verkostete: Eleganz. Großartiger Savagnin! Nach 3 bis 4 Jahren Fassreife zeigt er sich sehr sehr fein. Die funkige Jurastilistik durch die Florhefe ist so gut integriert in den Wein, dass er mich zeitweise auch an guten weißen Burgunder erinnert hat. Der Wein zeigt eine tolle Einheit und Ausgewogenheit in seiner Aromatik. Kurzzeitig habe ich mich gefragt, ob er vielleicht etwas viel Neuholz hatte oder seine vanillige Art doch von der Rebsorte Savagnin stammt.

Wie auch immer, auch die dezente Vanille-Note ist gut in das Gesamtpaket eingebunden. Dazu gesellen sich nussige Noten und Apfelschale. Er wirkt kraftvoll-elegant und hat ebenso eine geniale zitrische und frische Säureader. Eindeutig der „rundeste“ Wein dieser Triologie. An Tag zwei erdiger in seiner Art mit Nuancen von Muskatnuss, Salznüssen, Backwaren und Gewürzen. Toller Savagnin, den wir zum klassischen Jura-Gericht »Poulet au Vin Jaune et morilles« genossen haben!

Die Weine der Domaine Montbourgeau sind in Deutschland wohl eher eine Ausnahmeerscheinung und normaler Weise so gut wie gar nicht zu bekommen (allein schon aufgrund der Größe der Appellation). Wer sie probieren will, und dafür nicht ins Jura fahren möchte, sollte auch bei vinatis.de schnell sein, da sie dort sicherlich bald vergriffen sein werden. Wer ausreichend Flaschen ergattern konnte, braucht sich nicht zu beeilen sie zu trinken, denn sie werden vorzüglich reifen können und ihr ganzes Potential erst noch entfalten. Hier könnt ihr sie (noch) kaufen:

»Domaine de Montbourgeau En Banode 2015«

»Domaine de Montbourgeau Cuvée Spéciale 2014«

»Domaine de Montbourgeau Savagnin 2015«

»Vinatis Domaine de Montbourgeau«

»Vinatis Jura«

Der Pirat von Bordeaux

Die meisten Menschen, die beginnen sich mit dem Thema Wein auseinanderzusetzen oder auch schon etwas länger damit beschäftigt sind, sagen, dass das »Burgund« kompliziert sei. Ich kann dies nachvollziehen, da das Burgund sehr viele kleine Winzerbetriebe beherbergt und so sehr fragmentiert zu sein scheint. Dennoch finde ich, dass man einen gewissen Überblick über das Burgund gewinnen kann, ohne völlig überfordert zu werden. Anders geht es mir persönlich mit »Bordeaux«, dessen Weine so wunderbar in die Winter- und Weihnachtszeit passen, und die nicht umsonst eine weltbekannte und Vorbild gebende Region für die gesamte Weinwelt ist.

Ich wundere mich immer wieder darüber, dass in diesem Zusammenhang (in Bezug auf die Komplexität der Weinregion) der Name Bordeaux so selten fällt, mal unabhängig von der völlig verschiedenen Stilistik der Weine, verschiedenartigen Rebsorten und den ganz anderen Klimata und Böden. Bordeaux überfordert mich immer wieder, auch wenn das Appellationssystem, verglichen mit Burgund, auf den ersten Blick einfacher zu sein scheint.

Dies mag wohl auch an der schieren Größe des Weinanbaugebietes liegen, wo so viel Wein produziert wird wie in ganz Deutschland zusammengefasst. Ein unüberschaubares Angebot an – meist im Gegensatz zum Burgund – großen Weingütern, Subzonen und einer Klassifikation (der Güter), die auf das Jahr 1855 zurück geht. Sie basiert auf dem Wert, den damalige Händler dem Wein des jeweiligen Weinguts beimaßen. Eine ehrenswerte, aber für mich fragwürdige Norm der Klassifizierung, die der Realität von heute kaum entsprechen kann.

 

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Saint-Émilion findet ihr direkt über »Entre-Deux-Mers« © http://www.weingueter-in.de

 

Umso mehr freue ich mich über die Aktualität der Klassifikation in »St. Émilion«, denn von dort stammt der Wein, den ich in diesem Artikel vorstellen möchte. Die »Gironde« ist der Zusammenfluss der Flüsse »Garonne« und »Dordogne«. Die Appellation St. Émilion befindet sich an der – im Gegensatz zur Garonne – nördlicher verlaufenden Dordogne, anschmiegend an die zweite Weinhauptstadt des Bordeaux, »Libourne«. Daher wird die Region um St. Émilion auch »Libournais« genannt.

St. Émilion ist seit 1999 UNESCO Weltkulturerbe und gemeinsam mit »Pomerol« die bekannteste Region am so genannten „rechten Ufer“. Die Klassifikation in St. Émilion wurde zuletzt 2012 „geupdatet“. Sie ist aktueller als die des »Médoc«, des so genannten „linken Ufers“, und mir daher wesentlich sympathischer.

Ganz im Gegensatz zu den meisten Châteaus in Bordeaux entstand das »Château Valandraud« in St. Émilion aus einem kleinen Garagenweingut (microcuvée), das ähnlich wie das Weingut »Le Pin« in Pomerol Vorbild für Nacheiferer geworden ist. Jean-Luc und Murielle begannen 1989 mit lediglich 0,6 ha (inzwischen ca. 9 ha). 1995 erhielten sie für ihren Wein eine höhere Wertung von Robert Parker, als das weltbekannte »Château Pétrus« aus dem nahegelegenden Pomerol. Kein Wunder, dass die Preise stiegen. Ein echter Pirat sozusagen…

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Die zwei Piraten Jean-Luc und Murielle Thunevin (Andraud). © bodeboca.de

Im Jahre 2012 wurde Valandraud in den Status Premier Grand Cru Classé (B) erhoben, quasi die „High Society“ in St. Émilion. Die „High High Society“ bilden lediglich vier Weingüter, Cheval Blanc, Ausone, Angélus und Pavie. Den Zweitwein von Valandraud, „lediglich“ ein Grand Cru, möchte ich hier gerne vorstellen:

virginie-de-valandraud-2014-saint-emilion-grand-cru-chateau-valandraud»Virginie de Valandraud«, Château Valandraud, Bordeaux, Saint-Émilion Grand Cru, 2014, 13,5%, ca. 38€

Dieser (Zweit-)Wein ist eine Hommage an die Tochter von Jean-Luc Thunevins, Namens »Virginie«. Jean-Luc ist inzwischen vielleicht der bekannste Önologe und négociant von St. Émilion. Seine Cuvée »Virginie de Valandraud« besteht aus 65% Merlot, 25% Cabernet Franc, 5% Cabernet Sauvignon, 4% Malbec und 1% Carmenère, die etwa 18-24 Monate neues Holz geküsst haben. Jahresproduktion ca. 50.000 Flaschen.

Tiefe, violette Farbe, die deutlich ins Schwarz geht. Schon ohne viel Sauerstoffzufuhr ist klar, dass dies ein fein-fruchtiger und vielschichtiger Wein ist. Zu Beginn noch leicht reduktiv wirkend, mit Noten von reifen Kirschen, Blau- und Brombeeren, Zimt, sehr dezentem Leder und einem feinen floralen Touch. Noch sehr jung in seiner Art. Am Gaumen kühl und schwarzfruchtig.

Nach mehr Zeit an der Luft saftige und reife Kirschen, Kräuterwürze und edles Nougat. Immer fein mineralisch in seiner Art, mit süß-schwarzen Beeren im Bouquet.

Am zweiten Tag mit unglaublicher Dichte und fein-fruchtigem, mineralischen Kern. Jetzt kommt auch etwas Salz, wieder Nougat, intensive Lakritz, etwas Tabak, intensive Kräuter und tief-schwarze, nasse Erde.

Ein wunderbar komplexer Saint-Émilion, der bereits nach vier Jahren Reife Trinkfreude ins Glas bringt. Sicherlich auch bewusst so vinifiziert. Dennoch mit deutlichem Potential für die nächsten Jahre.

Bei vinatis.de gibt es »Virginie« aktuell noch (!) in der „Weihnachts-Selektion“ bis zum 26.12. für 30,-€, anstatt für sonst knapp 40,-€. Da kann man getrost zuschlagen!

»Château Valandraud Virginie de Valandraud 2014«

»Vinatis Château Valandraud«

»Vinatis Bordeaux«

Taittingers Prélude Grands Crus

„Nach dem Sieg verdienst du ihn, nach der Niederlage brauchst du ihn.“ – Napoleon Bonaparte (1769-1821)

Ein etwas ausgelutschtes und oft gehörtes Zitat von Napoleon über eines seiner Lieblingsgetränke: Champagner. Auch wenn ich grundsätzlich nicht dagegen bin Champagner zu jeder Jahreszeit und auch ohne spezifischen Anlass zu öffnen, öffnet das Gros der Menschen einen Champagner immer noch zu einem meist festlichen Anlass. Weihnachten und Silvester kommen da wie gelegen, auch wenn guter Champagner nicht gerade günstig ist.

Champagner von unabhängigen kleinen Winzern (récoltant-manipulant oder vignerons), auch Winzerchampagner genannt, ist seit Jahren stark im Kommen. Den Weltruf der Champagne, und auch dessen geografische und markenrechtliche Abgrenzung, haben jedoch die großen Handelshäuser (maisons) der Champagne begründet und errungen.

Wenn es um zuverlässige non-vintage (NV) Champagner geht (ein Champagner, der aus mehreren Jahrgängen und auch Lagen „gemischt“ wird), führt fast kein Weg an den etablierten und großen Häusern der Champagne vorbei. Gerade diese verfügen über Möglichkeiten, die ein kleiner Winzerbetrieb eben nicht hat: Eine breite Auswahl an Weinen aus dem ganzen Champagnergebiet, ausreichend Reserve-Weine, gut bezahlte Kellermeister, die ihr Handwerk verstehen und die finanziellen Mittel um einen NV-Champagner auch erst nach 3-5 Jahren auf den Markt bringen zu können.

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Die Kreideböden der Champagne sind nicht nur gut für die Reben, sondern auch für die anschließende Weinlagerung. Ausschnitt der Kreidekeller Taittingers. © Carmen Moya

Ein noch immer familiengeführtes, oder sollte man besser sagen seit 2006 wieder familiengeführtes Unternehmen, ist Taittinger (wobei der das Unternehmen seitdem Rückkauf durch Pierre-Emmanuel Taittinger wohl noch immer der Bank Crédit Agricole gehören sollte). Das „erst“ 1931 gegründete Unternehmen Taittinger besitzt heute sagenhafte 288ha eigene Weinberge in der Champagne. Keine Selbstverständlichkeit für eine relativ bekannte Champagnermarke. Und diese decken bei Weitem nicht mal den eigenen Bedarf. Rund 50% an Trauben muss zugekauft werden.

Das Haus Taittinger arbeitet seit Jahrzehnten qualitätsbewusst und verwendet für eigene Produkte nur die erste Pressung (auch cuvée genannt). Die taille (Most der zweiten und dritten Pressung) tauscht man mit anderen Erzeugern gegen die cuvée.

champagne-taittinger-prelude-brut-grand-crus_1280x1280»Prélude Grands Crus«, Taittinger, Champagne, NV, 12,5%, ca. 42€

Das im Champagner »Prélude Grands Crus« (PGC) verwendete Traubengut stammt ausschließlich von Grand Cru klassifizierten Weinbergen bzw. Gemeinden. Das klassische Champagner-Rezept (sofern es denn solch eines gibt) besteht in der Regel aus Pinot Noir, Pinot Meunier und Chardonnay. Dieses Konzept wird hier minimal gebrochen. Es werden 50% Chardonnay und 50% Pinot Noir verwendet. Der Chardonnay stammt von der »Côte des Blancs« aus den Gemeinden Avize und Le Mesnil-sur-Oger. Der Pinot Noir stammt von der »Montagne de Reims« aus dem Gemeinden Bouzy und Ambonnay. Der PGC enthält bis zu 25% Reserve-Weine. Es ist „nur“ ein non-vintage Champagner. Aber der Ruf eines Hauses gründet sich ja bekannter Weise genau auf seine „jahrgangslosen Produkte“. Taittinger gönnt diesem NV, was die meisten Häuser ihren Jahrgangsprodukten gönnen: Ganze fünf Jahre auf der Hefe… (ja, fünf Jahre gebundenes Kapital)!

Karte Champagne
Im oberen Teil der Karte, zwischen Reims und Épernay, sieht man das Herz der Champagne. © champagne.fr

Der PGC zeigt eine feine Perlage und ein mittelkräftiges, leicht grünlich wirkendes Strohgelb. Direkt nach dem Entkorken der Flasche noch leicht laktisch in der Nase, etwas würzig, reifere Frucht schimmert im Hintergrund durch. Eine leise Süße ist wahrnehmbar, die an Honig erinnert. Im Gaumen cremig agierend mit mittelkräftigem Körper.

Nach etwas mehr Zeit an der Luft erinnert mich sein Geruch auch an guten Chablis. Er wirkt immer mehr stahlig-salzig in Nase und Mund. Aromen von Brotkruste, Zitrus, Salz, Gewürzen und Feuerstein steigen aus dem Glas empor. Alles in einer eleganten Stilistik und nicht „laut“.

Was den PGC für mich so einzigartig macht, ist seine schöne Balance zwischen weinigem, körperreicherem Stil und dieser fraîcheur und Sprizigkeit, die ein guter Champanger für mich einfach haben muss. Auch die Säurestruktur des PGC zeigt diese Balance. Sie ist frisch, gleichzeitig jedoch auch angenehm weich wirkend.

Nach 24 Stunden unter dem Champagnerverschluss immer noch richtig gut in Schuss. Die Mineralität ist jetzt noch ausgeprägter als am Tag zuvor. Im Englischen würde man sagen „with striking minerality“. Jetzt zeigen sich Backwaren, Mirabellen, Limonen, etwas Apfel, Salznüsse und dezente Honignoten im Bouquet.

Ein Champagner der das Rückgrat besitzt auch als Essensbegleiter eingesetzt zu werden. Fisch, Meeresfrüchte oder Pasteten wären zum Beispiel passend. Definitiv ein NV-Champagner der ganz oben in der NV-Liga mitspielt und auch ohne Essensbegleitung einen passenden prélude für Weihnachten oder Silvester bietet. Bei vinatis.de könnt ihr Taittingers »Prélude Grands Crus« kaufen:

»Taittinger Prélude Grands Crus«

»Vinatis Taittinger Champagner«

»Vinatis Champagner«

Grandios gute Rhône

Die Weihnachtszeit naht. Das ist zumindest bei mir die Zeit, in der man sich sehr wohl gut überlegt, was man kocht und was man dazu trinkt. Es ist auch die Zeit, in der man sich eine Flasche Wein aus dem Keller holt, die man sonst nicht einfach so öffnen würde. Für alle Unentschlossenen oder derzeit mehr schlecht als recht bestückten Keller möchte ich in den nächsten Wochen Weine teilen, die für die kommenden Festtage bestens geeignet sind, aber eigentlich keinen festlichen Anlass benötigen, weil sie einfach gut sind, für sich sprechen und selbst der festliche Anlass sein können (Fest- und Feiertage hin oder her).

Eine Region die meiner Meinung nach sehr gut zur aktuellen Jahreszeit und zu weihnachtlichen Gerichten passt, ist und bleibt die Rhône. Dazu hatte ich letztes Jahr bereits einen Artikel mit dem Titel »Weihnachtliche Rhône« veröffentlicht, in dem ich drei verschiedene Weine aus unterschiedlichen Appellationen vorgestellt hatte (einen »Côtie-Rôtie«, einen »Hermitage« und einen »Gigondas«). Aus derselben Region möchte ich heute zwei sehr gute Weine mit euch teilen.

Ich muss zugeben, dass ich inzwischen Weine der nördlichen Rhône in mein Wein-Herz geschlossen habe. Die Rebsorte Syrah bringt hier einfach eine eigene Stilistik und Charakteristik hervor, die für mich bisher einzigartig geblieben ist. Nur knapp 10% der gesamten Produktion der Rhône stammen von hier. Eine wahrlich große Region (im Sinne von »herausragend«), aber bei vielen Deutschen noch immer eher unbekannte Appellation, ist »Côte-Rôtie«. Was mich zum ersten Wein bringt:

»Côte-Rôtie Champon’s«, Domaine Pichat, Rhône, 2016, 13%, ca. 34€

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Irgendwie mag ich seine Weinlabels…

Schon seit Monaten war ich interessiert daran, die Weine der kleinen »Domaine Pichat« aus Ampuis zu probieren. Dessen Weine sind in Deutschland so gut wie gar nicht zu bekommen. Ich meine vinatis ist der einzige Händler, um sie in Deutschland zu beziehen. So viel vorab: Ich sollte nicht enttäuscht werden!

Die Domaine Pichat ist noch relativ jung und vermarktet im Prinzip erst seit dem Jahr 2000 ihre Weine unter eigenem Label. Stéphane begann damals mit knapp 900 Flaschen pro Jahr. Sein Vater verkaufte die Trauben noch an die großen Handelshäuser der nördlichen Rhône. Aktuell bewirtschaftet Stéphane Pichat lediglich knapp 5ha Weinberge. Im Vergleich zu den dominierenden großen Playern der nördlichen Rhône (allein E. Guigal vinifiziert laut Johnson und Robinson 40% der hier gelesenen Trauben!) also ein unscheinbar kleines Weingut, aber mit fantastischer Qualität, wie dieser Côte-Rôtie eindrucksvoll beweist.

 

 

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Auch wenn Stéphane Pichat erst seit 2000 selbst abfüllt, Weinbau hat in der Familie seit Generationen Tradition. © Domaine Pichat

Die Cuvée »Champon’s« besteht aus 98% Syrah und 2% der weißen Rebsorte Viognier. Eine klassische Assemblage also. 90% der verarbeiteten Trauben stammen aus der Lage »Le Champon«, die restlichen 10% von »Cognet« und »Le Plomb«. Die Trauben stammen also vom nördlichen Teil der »Côte-Rôtie« und somit von Schieferböden (der südliche Teil besteht überwiegend aus Gneis). Der Wein lag für 2 Jahre in 30-40% neuen und 60-70% ein- bis viertbelegten 300 Liter-Fässern. Der Neuholzeinfluss wurde über die Jahre immer mehr reduziert. Stéphane schönt und filtriert seine Weine nicht. Das Ergebnis kann sich mehr als sehen lassen!

Sehr saftige und dunkle Farbe, fast ins schwarz gehend. Der erste Eindruck ist recht offen mit Blaubeeren, dezenter Vanillenote, Kirschen und etwas Pflaume. Vielleicht auch an Maulbeere und Hagebutte erinnernd. Alles in sich „kühl“ wirkend. Sehr elegant und komprimiert, dennoch saftig.

Nach dem ersten Schluck weiß man sofort, dass dieser Syrah noch blutjung ist und am Anfang seiner Karriere steht. Das Tanningerüst ist zwar weich, aber dennoch recht stämmig und kräftig. Am Gaumen zupackend mit griffigem Tannin, das über die Jahre noch abschmelzen wird, und schon jetzt stützend für eine eher deftige Küche ist (z.B. Rindersteaks).

»Champon’s« ist ein muskulöser Wein mit ausgezeichneter Struktur, wenn auch so jung noch etwas „hart“ wirkend. Von vorne bis hinten zeigt er deutliche Geradlinigkeit, die mir sehr gefällt. Er wirkt eher dunkelbeerig, dabei aber überhaupt nicht „gekocht“. Im Gegenteil: Frische, knackige Beeren dominieren das Bouquet, untermalt von einer erdigen Note. Die Nase ist sehr sehr fein gewoben, ist elegant und zeigt eine leichte Süße.

Das ist richtig gefühlvoll und fein gearbeitet, aber auch irgendwie offen und ansprechend für Jedermann. Ein echter Charmör und gleichzeitig ein elegantes Kraftpaket! Da ist viel Potential für die nächsten 2 Jahrzehnte, lässt sich aber schon jetzt sehr gut mit Essen genießen. Ein wunderbarer Côte-Rôtie von Pichat, der bei mir Lust auf mehr von ihm macht, auch auf seinen „einfachen“ Syrah »Côtes de Verenay«. Wer noch nie einen »Côtie-Rôtie« im Glas hatte, macht hier wirklich gar nichts falsch, um das mal zu ändern. Bei vinatis.de könnt ihr seine Weine kaufen:

»Domaine Pichat Côtie-Rôtie Champon’s 2016«

»Vinatis Domaine Pichat«

»Vinatis Côtie-Rôtie«

Der zweite Wein stammt aus der „Namedropping“-Region »Châteauneuf-du-Pape« (zu Deutsch »Neues Schloss des Papstes«) und von keinem geringeren als einem der führenden Önologen der südlichen Rhône, Xavier Vignon.

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Der Mann der Stunde: Xavier Vignon. © xaviervignon.com

»Châteauneuf-du-Pape« (= CdP) ist wohl – auch schon vom Namen her – die bekannteste Region der Rhône. Hier residierten ehemals im Sommer nicht nur Päpste (bzw. in Avignon), wie auch immer man über das Papsttum oder die katholische Kirche denken mag, hier wurde 1929 auch der Grundstein des heutigen AOC-Systems Frankreichs gelegt.

In CdP entstehen vor allem ziemlich kräftige und alkoholreiche Rotweine (90% der Produktion), die meistens hauptsächlich aus Grenache bestehen, aber rein theoretisch mit bis zu 18 anderen Rebsorten (u.a. auch weißen) verschnitten werden. Das Xavier Vignon ein Meister der marriage bzw. assemblage (Vermählung von Rebsorten) ist, wird an seiner »Cuvée Anonyme« exemplarisch deutlich.

CdP ist bekannt für die großen runden Kieselsteine (franz. galet), die den Boden prägen und die Hitze des Tages auch für die Nacht speichern. Wenn man jedoch einen genaueren Blick auf die Bodenformationen von CdP wirft, wird einem schnell klar, dass die Böden doch sehr unterschiedlich sein können. Die knochigen Reben stehen hier größtenteils unerzogen mitten in den Kieselbetten. So knochig und kantig fallen auch klassische CdPs aus, ganz anders verhält es sich bei Xaviers »Cuvée Anonyme«.

»Cuvée Anonyme Châteauneuf-du-Pape«, Domaine Xavier Vignon, Rhône, 2012, 15%, ca. 39€

chateauneuf-du-pape-cuvee-anonyme-2012-xavier-vignonDie erste Nase zeigt sich steinig-mehlig mit kräuterig-ätherischem Touch und schwarzer Frucht. Die 15 Umdrehungen sind sehr gut eingebunden und nicht spürbar. Tatsächlich eine Mischung aus Kraft und spielerischer Leichtigkeit.

Auch am Gaumen zeigt er sich – direkt nach dem Öffnen – leicht mehlig mit etwas Lakritz. Nach ein paar Stunden Zeit in der Karaffe offenbart er sich immer mehr in seiner poliert wirkenden Art. Sehr feinkörniges Tannin. Dicht gewoben, aber ohne ein Gramm Fett. Ein gaumenschmeichelnder CdP!

Nach ein paar Stunden an der Luft deutliche Noten von Brombeeren, Süßholz, feiner dunkler Schokolade, Pflaumen und dezenter Lakritz. Das Bouquet ist nicht aufdringlich in seiner Machart, sondern eher subtil, nobel und poliert.

Am zweiten Tag gemahlene Steine und Lakritz, umwoben von schwarzer Beerenfrucht. Enorm lang und kräftig, aber nicht überbordend, sondern fast „frisch“ wirkend. Ein CdP, dem auch ein großes Burgunderglas steht. Hier mit Noten von Cassis, feinem Meersalz, Hagebutte, Kräutern und einer feinen Süße (vielleicht erinnernd an süßliches Paprikapulver). Schmiegt sich jetzt gänzlich wie Samt an den Gaumen und offeriert dabei Noten von (herbem) Kakao.

Ich hatte bisher selten einen Wein mit 15% im Glas den man so gerne „trinkt“ und der dennoch so dicht gewoben ist. Bei all dem muss man sich bewusst sein, dass Xavier Vignon als négociant arbeitet, d.h. er kauft das Traubengut lediglich an, was ihm durch seine Kontakte und Verwurzelung in der Region sicherlich nicht all zu schwer fallen dürfte. Chapeau Monsieur Vignon!

Wer vorerst einen visuellen anstatt einen sensorischen Eindruck von CdP gewinnen will, wird in diesem Video fündig:

Für einen sensorischen Eindruck von diesem CdP und den Weinen von Xavier Vignon generell, bitte hier klicken:

»Domaine Xavier Vignon Cuvée Anonyme Châteauneuf-du-Pape 2012«

»Vinatis Domaine Xavier Vignon«

»Vinatis Châteauneuf-du-Pape«

Das Kreuz

Nein, dies ist kein theologischer Artikel. Es geht noch immer um Wein, wobei ein Artikel über »das Kreuz« und die damit verbundene Erlösung der Menschheit sicherlich von größerer Relevanz wäre. Aber immerhin verheißt Jesus während dem letzten Abendmahl mit seinen Jüngern im Markusevangelium Kapitel 14, Vers 25:

»Ich sage euch: Ich werde nicht mehr vom Saft der Reben trinken bis zu dem Tag, an dem ich den neuen Wein trinken werde im Reich Gottes.«

Nach der Neuen Genfer Übersetzung vielleicht »neuer Süßer«. Wörtlich übersetzt bedeutet es eher, dass er ihn von Neuem trinken wird. Wie auch immer, auf diesen Wein freue ich mich schon jetzt, wenn auch noch viel mehr auf die ewige Gemeinschaft mit dem Gastgeber dieser Hochzeitsfeier, wie die Bibel die Vereinigung von Gläubigen und ihrem Erretter auch umschreibt, Jesus Christus! Aber warum dann nun diese Überschrift? Ganz einfach, weil der Wein so heißt…

Chardonnay gibt es in vielen Facetten auf diesem Erdball, aber seinen Ursprung hat er in Frankreich, im Burgund. Von dort aus trat dieses Rebsorten-Chamäleon seine Reise in die weite Weinwelt an. Vielen ist Chardonnay von der »Côte d’Or«, besonders von der »Côte de Beaune« mit den berühmten Schlagworten wie Chassagne-Montrachet, Puligny-Montrachet oder z.B. Meursault ein Begriff. »Pouilly-Fuissé« sorgt bei vielen schon für Verwirrung mit der Appellation »Pouilly-Fumé« von der Loire, wo vornehmlich Sauvignon Blanc angebaut wird (und auch der trat eine weltweite Reise an) und kein Chardonnay.

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Pouilly-Fuissé findet ihr ganz unten rechts auf der Karte, links neben der Stadt Mâcon. © http://www.bourgogne-wines.com

»Pouilly-Fuissé« liegt im südlichen Teil des »Mâconnais«, nahe der Grenze zum »Beaujolais«, wo die rote Rebsorte »Gamay« die Hauptrolle spielt. Hier – in »Pouilly-Fuissé« – ist es etwas wärmer als im nördlichen Burgund und auch die Böden können sich teilweise sehr unterscheiden. So fallen hier auch die meisten Chardonnays deutlich „fetter“ bzw. körperreicher aus als im Norden. Dies merkt man nicht zuletzt auch an den hohen Alkoholgehalten, die viele dieser Weine aufweisen.

Eine echte Referenz in Pouilly-Fuissé ist die »Domaine Robert-Denogent«, die aktuell ca. 10 ha Weinberge bewirtschaftet und im Ort Fuissé ansässig ist. Robert und seine Söhne Nicolas und Antoine bauen ihre Weinlagen bewusst als Einzellagen-Weine aus. Dies tun sie aus Überzeugung und aufgrund der Vielfalt ihrer Böden. Sie verfügen über einige der besten Parzellen in der Appellation (insgesamt 30), sowie über sehr alte Reben. Es wird fast ausschließlich Chardonnay an- und ausgebaut.

»La Croix«, Domaine Robert-Denogent, Pouilly-Fuissé, 2015, 14%, ca. 30€

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So stammt der »La Croix« von ca. 50 Jahre alten Reben (»vieilles vignes«) aus 4 verschiedenen Parzellen bei der Stadt Fuissé. Die Böden hier sind ganz anders als im nördlichen Burgund und auch im übrigen Pouilly-Fuissé. Es sind keine kalkhaltigen, sondern eisenhaltige, schieferreiche, vulkanischen Böden.

2015 war auch hier ein wärmes Jahr, deshalb bringt dieser deutlich goldgelbe Wein auch 14 Volt Gewicht auf die Waage. Dabei ist die Nase überraschend klar und der Alkohol sehr gut eingebunden! Sie erinnert mich witziger Weise sofort an Kreide, Salz, weiße Frucht, frische Butter und zweitweise auch etwas an Karamell (vielleicht vom Holz).

Der Wein ist sehr geradlinig, nicht nur in der Nase, sondern auch am und im Gaumen: Kräftig und würzig, lang, weißfruchtig sowie auch kreidig wirkend.

Was mich persönlich so am »La Croix« fasziniert hat, ist sein voluminöser Körper, der sich aber durch die wunderbare Säurestruktur des Weines im Mund verschlankt und sich dadurch sehr klar und präzise durch den gesamten Gaumen zieht. Ja, ein breiter Körper, aber trainiert, mit Muskeln sozusagen, um es in Bildsprache zu erklären. Irgendwie cremig ohne fett zu sein, falls das überhaupt Sinn macht. Wer hätte bei so einer schmelzig wirkenden Nase mit einer so tollen frischen Säure, die man bei diesem Jahrgang, in dieser Region, nicht unbedingt erwarten würde, gerechnet.

Der »La Croix« vermittelt Eleganz und Purismus, zugleich aber auch echte Dekadenz. Er baut sich erst so richtig stämmig im langen Abgang auf, wo er leicht salzig und dezent lakritzig ausklingt. Toller Stoff mit viel Potential für die kommenden Jahre! Ein Wein fürs Mundgefühl.

Bei vinatis.de gibt es den »La Croix« aktuell für die unschlagbare Summe von 24,73€ pro Flasche, allerdings nur bis zum 09.10.2018. Daher zuschlagen, solange dieser Stoff noch so „günstig“ ist:

»Robert-Denogent Pouilly-Fuissé La Croix 2015«

Weltmeisterlicher Gamay

Wer hätte gedacht, dass die Équipe Tricolore Fussball-Weltmeister wird? Félicitations! Ich wünsche ihnen auf jeden Fall, dass sie sich in vier Jahren nicht so kläglich von der WM verabschieden, wie Deutschland es als amtierender Weltmeister in diesem Jahr getan hat. Was den Wein betrifft wird Frankreich sicherlich auch noch in vier Jahren ganz oben mit dabei sein, was dieser fantastische Gamay des Winzers Jean Foillard exemplarisch bezeugt.

Jean Foillard war – unter anderem mit Marcel Lapierre (†) – ein Vorreiter von qualitativ hochwertigen Beaujolais-Weinen im burgundischen Stil. Winzer wie er haben den Crus des Beaujolais mit Anbeginn der 80ger Jahre wieder zu altem Ansehen verholfen und der ganzen Region einen Qualitätsschub verpasst, der bis heute anhält. Warum das so kommen musste, zeigt z.B. die einzigartige Qualität seines Gamays aus der wohl besten Lage des Crus »Morgon«, der »Côte du Py«.

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Weinstöcke in Morgon im Winter, Lage »Côte du Py«. Photo by Jameson Fink

Die Lage »Côte du Py« liegt am Hang des »Mont du Py« mit einer Höhenlage von etwa 350 Metern. Hier stand mal ein aktiver Vulkan. Die Böden in Morgon sind geprägt von manganhaltigem Gestein (manganèse), Granit und Schiefer, was hier zu einem eher kräftigen und lagerfähigen Gamay führt. Mit zunehmender Reife ähneln die meisten Weine dieses Crus mehr und mehr einem Pinot Noir aus dem nördlichen Burgund.

Jean Foillard erzeugt seine Weine nach biologischen Richtlinien, dass heißt er nutzt keine Herbizide oder Pestizide. Ähnlich wie Lapierre verzichtet er weitestgehend auf den Einsatz von Schwefel im Ausbau seiner Weine. Wie im Beaujolais üblich wird die Gärung durch die »macération carbonique« (Kohlensäuremaischung) in Gang gesetzt. Natürlich wird spontan und mit Stilen und Stengeln vergoren. Je nach Jahrgang kommt der »Côte du Py« zwischen 6 bis 9 Monaten in gebrauchte Barriques, die von Top-Domainen aus dem nördlichen Burgund stammen. Die Weine werden nicht geschönt, vor der Abfüllung nur leicht geschwefelt und danach unfiltriert auf die Flasche gezogen. Inzwischen bewirtschaftet Foillard ca. 17ha Weinberge in Morgon und darüber hinaus.

»Morgon: Côte du Py«, Jean Foillard, Beaujolais, 2016, 13%, ca. 25€wines_1577_big

Ins Glas fließt ein farblich ansprechendes Stöffchen mit saftigem Granatrot und einem lila Stich. Leicht durchschaubar, wenn auch unfiltriert.

Nach der ersten „Nase“ ist sofort klar, dass dies ein richtig außergewöhnlicher Wein ist. Ich würde sogar frech behaupten, dass er in der Preiskategorie 20-30 Euro ganz weit oben mitspielt und mehr Komplexität und Trinkfluss ins Glas bringt, als die meisten Weine in dieser Preisklasse. An diesem Wein wird nachvollziehbar, dass Weine aus den Crus »Morgon« oder auch »Moulin à Vent« zu Beginn des 20. Jahrhunderts teurer waren, als die besten Gewächse in manchen Regionen des nördlichen Burgunds.

Der »Côte du Py« schafft das, was nur wenige Weine auf Anhieb schaffen: Er zaubert mir sofort ein breites und zufriedenes Grinsen ins Gesicht. Jeder Weinverrückte weiß, was damit gemeint ist…

Das Bouquet direkt nach dem Öffnen der Flasche – ohne dass der Wein lange vorher „geatmet“ hat – kann man getrost als vibrierend „funky“ bezeichnen: Firecracker, Cherry Coke, etwas Pfeffer, Himbeeren, Hagebutte, etwas Cassis, Eisen, leicht medizinal wirkend, Bleistiftspitze und saftige Kirschen. Später gesellen sich Noten von Unterholz, Muskatnuss, Brombeeren, etwas Pflaumen und diversen Gewürzen dazu.

Wunderschöne weiche Textur am Gaumen, die sich fast so anfühlt, als wenn dieser Gamay in Kaschmir gekleidet ist. Dabei leicht fleischig wirkend. Auch hier mit dieser Firecracker-Note, die sich mit einer saftigen rot- und schwarzfruchtigen Frucht von kleinen Waldbeeren vermählt. Die Frucht öffnet sich erst so richtig hinten am Gaumen in einem langen mineralischen Spiel. Alles natürlich eingebunden in ein wunderbares Säuregerüst. Sollte mindestens 10 Jahre ohne Probleme lagerfähig sein, wenn nicht länger.

Am zweiten Tag offeriert das Bouqeut intensivere Noten von Bleistiftspitze (Grafit), Zündplätzchen (oder auch Schießpulver), Unterholz, schwarzes englisches Weingummi, Zahnbürstenbaumrinde (salvadora persica) und Brombeeren. Wirkt jetzt auch etwas „staubig“ trocken in der Nase.

Vom Geschmack her jetzt leicht lakritzig ausklingend, mit Wild- und Sauerkirschen sowie einer famosen Mineralität, die terroir schmeckbar macht: Grafit auf der Zunge. Wunderbarer „Säurelift“. Unterholz und Gewürze mit süßlich wirkender Frucht in Perfektion verwoben. Sehr mineralisch, sehr elegant, sehr komplex und dicht und gleichzeitig schon jung richtig gut trinkbar.

Was ein genialer Gamay! Suchtgefahr! Ein Kultwein des Beaujolais. Man weiß nicht, was Foillard hätte besser machen können… Ein genialer Begleiter zu kräftigeren Geflügelgerichten sowie auch leichteren Wildgerichten. Geht sicherlich auch wunderbar zu würziger und eher rustikaler vegetarischer Küche.

Bei vinatis.de könnt ihr diesen Wein gleich in drei verschiedenen Flaschenformaten kaufen. Es wäre definitiv keine falsche Entscheidung sich auch größere Formate von diesem grandiosen Stoff zuzulegen. Vive la france! Vive la vin frainçais!

»Jean Foillard Morgon Côte du Py 2016«

»Jean Foillard Morgon Côte du Py 2016 Magnum«

»Jean Foillard Morgon Côte du Py 2016 Doppelmagnum / Jeroboam«

Perlen aus Savoyen für unter 10 Euro

In meinem letzten Artikel habe ich einen eher hochpreisigen savoyener Wein aus einer besonderen Lage in Cevins, der von einem besonderen Boden stammt, nämlich (Glimmer-)Schiefer, vorgestellt. Heute möchte ich euch zwei Weine aus Savoyen vorstellen, die unter 10,-€ die Flasche kosten und dafür richtig viel Freude ins Glas bringen, zumindest war dies bei mir der Fall. Beide stammen von alten Reben (»Vieilles Vignes«). Einer der Weine kommt sogar von einer Genossenschaft. Ich habe mir beide bereits nachbestellt.

Von der »Domaine de Rouzan« habe ich schlichtweg nicht einmal eine Internetseite im Netz gefunden. Was sich herausfinden lässt ist, dass die Domaine 1991 gegründet wurde, in Saint-Baldoph nahe Chambéry ansässig ist, also südlich des Lac du Bourget und Denis Fortin ca. 7ha Weinberge an den Hängen des Mont Granier bewirtschaftet. Klein ist er also, was kein Synonym für gut ist im Weinbau. Denis Fortin will seine Weine handwerklich erzeugen, um authentische Weine zu produzieren, die ihr Terroir widerspiegeln. Bei diesem Wein ist ihm dies gelungen, wie ich finde. Wer noch Weine aus seiner Hand bekommen will, wird nur beim Jahrgang 2016 erfolgreich sein (oder früher), denn die Domaine wurde von Mathieu Apffel übernommen.

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Weinreben in Saint-Baldoph. Im Hintergrund müsste der Mont Granier zu sehen sein.

»Apremont«, Domaine de Rouzan, Vin de Savoie, 2016, 11%, ca. 9€

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Wie alt die Reben für diesen bekannten Cru aus Savoie sind, konnte ich leider nicht herausfinden, aber dieser »Apremont«, erzeugt zu 100% aus der autochthonen Rebsorte Jacquère, ist für mich ein Synonym für „karg“ und „mineralisch“. »Apremont« ist einer von 15 weiteren Crus aus Savoyen, die eine Ortsbezeichnung angeben dürfen. Er reift für ca. 1 Jahr sur lie (auf der Feinhefe).

Dieser »Apremont« hat eine sehr transparente und leichte Farbe. Die Nase ist total karg, puristisch, fast schon irgendwie „nackig“. Tatsächlich erinnert mich der Geruch an zwei aneinander geschlagene Feuersteine, wie ich es noch aus meiner Kindheit kenne. Ließe sich vielleicht auch als abgebranntes Streichholz (jedoch sehr dezent) umschreiben. Aber da ist auch Frucht wahrnehmbar: Agrumes (Zitrusfrüchte) mit unreifer Grapefruit und etwas Zitrone.

Am Gaumen frisch und energetisch, wie so viele Weine aus Savoyen. Mineralisch. Festsetzende Säure und Zitrusaromen am Gaumen. Präzise. Geradlinig. Perfekt für Käsefondue, Käseplatten, Raclette und auch Meeresfrüchte, wenn man einen stahligen, kargen und säurebetonten Wein dafür bevorzugt (was ich persönlich tue).

Gamay_VV_2»Gamay Vieilles Vignes«, Cave de Chautagne, Vin de Savoie, 2016, 12,5%, ca. 9€

Ich lebe im südlichen Baden. Hier gibt es die ein oder andere Genossenschaft. Das heißt einen Verband von mehreren Weinbauern, die ihr Traubengut an eine Kooperative liefern, die dann wiederum den Wein daraus erzeugt. Oft krankt es – unter anderem – an zu hohen Erträgen und der Qualität des Ausgangsmaterials (den Trauben), was meist zu völlig charakterlosen Weinen führt, die – so leid es mir tut – eigentlich niemand wirklich braucht. Daher ist meine Einstellung zu Genossenschaften in den seltensten Fällen von Wohlwollen geprägt.

Anders verhält es sich mit diesem mehr als überzeugenden Gamay von alten Reben der Kooperative »Cave de Chautagne« aus Ruffieux mit ihren ca. 135ha Weinbergen von 50 zulieferndern Weinbauern. Das ist wirklich richtig viel Spaß im Glas für knapp 8€ nochwas! Die Reben für diesen Wein sind ca. 35 bis 40 Jahre alt, wobei es in der Genossenschaft bis zu 70 Jahre alte Gamaystöcke gibt.

Super saftiger Stoff, sehr saubere und duftige Frucht, die eine gewisse Tiefgründigkeit in die Nase transportiert und sofort Spaß macht. So ein bisschen zum Reinspringen. Direkt nach dem Öffnen eine sehr pfeffrige Nase. Erinnert mich auch an Gamay der Côte du Forez (Loire), kommt aber wesentlich duftiger und mit mehr Substanz daher, was wohl auch an den alten Reben und der Höhenlage liegen mag. Erste Assoziationen sind Pfeffer und Kirsch(saft). Später auch etwas Zimt, Nelke und Veilchen.

Am Gaumen saftig und trinkig, fast schon süffig (wenn auch trocken wirkend). Hammer Wein im Sommer leicht gekühlt zum Grillen! Ein außergewöhnliches Preis-Genuss-Verhältnis. Eine Gamay-Perle für 8,86€ (7,53€ ab 3 georderten Flaschen pro Bestellung), die sowohl Weinfreaks als auch Weinnoobs glücklich macht.

Beide Weine zeigen, dass es nicht viel Alkohol braucht, um interessante und ansprechende Weine zu erzeugen. Beide Weine sind für mich passend zu dieser Jahreszeit. Beide Weine könnt ihr bei dem in Savoyen ansässigen Weinhändler vinatis kaufen:

»Domaine de Rouzan Apremont 2016«

»Cave de Chautagne Gamay Vieilles Vignes 2016«

Alpiner Schieferwein

Weintrinken hat für mich mit Neugier zu tun. Nichts Neues auszuprobieren bedeutet für mich, seine Geschmackssinne nicht erweitern zu wollen. Die Freude am Weintrinken besteht zu einem großen Teil darin, die weite Welt des Weines zu erkunden, neue Eindrücke zu sammeln und sich seine eigene „Geschmacksmeinung“ zu bilden. Einen neuen, bisher unbekannten Wein zu öffnen, der einem am Ende im besten Fall gefällt und überrascht, dass ist die Freude eines Weinliebhabers.

Weintrinken hat also mit Erkunden zu tun, auch wenn Leute, die bereits etwas länger in der Welt des Weines unterwegs sind, so wirken, als hätten sie die Weisheit mit Löffeln getrunken. Natürlich kann man von erfahreneren Verkostern lernen, dies ersetzt allerdings niemals den eigenen Geschmack und die eigene Verantwortung, aus seiner Komfortzone zu treten.

Ein ideales Beispiel für einen Wein, den die meisten meiner Leser sicherlich noch nicht probiert haben, geschweige denn generell einen Wein aus Savoyen im Glas hatten, ist der »Schiste« (»Schiefer«) von der »Domaine des Ardoisières« (»Weingut am Schiefersteinbruch«). Wenn ihr etwas mehr über die kleine Weinbauregion »Savoyen« (franz. »Savoie«) – gelegen südlich vom Genfer See – erfahren wollt, könnt ihr meinen älteren Artikel »Savoyen für Weinhipster« lesen, in dem – unter anderem – auch ein Wein von der Domaine des Ardoisières vorgestellt wurde.

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Le Coteau de Cevins: Lage der Domaine des Ardoisières in Cevins im Winter. Sieht nicht nur steil aus, ist auch steil. © Domaine des Ardoisières

Wie der Name des Weines und des Weingutes schon andeuten, stammt der »Schiste« von Schieferlagen (schwarzer Schiefer und Glimmerschiefer), genauer gesagt Steillagen mit bis zu 60-70% Neigung. Schweißtreibende Handarbeit ist hier gefordert. Geringe Erträge zwischen 15 bis max. 40 hl/ha ergeben sich hier fast von selbst. Beim »Schiste« sind es 30hl/ha. Wer erahnen kann, was den Mitarbeitern der Domaine hier abverlangt wird, der findet den Preis von ca. 30€ für diese Cuvée zwar ordentlich, aber angemessen bepreist.

igp-vin-des-allobroges-schiste-2016-domaine-des-ardoisieres»Schiste«, Domaine des Ardoisières, IGP Vin des Allobroges, 2016, 12%, ca. 30€

Die Reben werden – ähnlich wie an vielen Hanglangen der Mosel oder der Côte-Rôtie – an einem Pfahl/Stock erzogen. Die Domaine arbeitet biodynamisch (der 4. biodynamische Erzeuger in Folge in diesem Blog), vergärt spontan und lässt den »Schiste« für 12 Monate in hauptsächlich gebrauchten Barriques reifen. Er besteht zu 40% aus der autochthonen und in Savoyen weit verbreiteten Rebsorte Jacquère, 30% Roussanne, die man auch an der Rhône antrifft, 20% Malvoisie und 10% der autochthonen Mondeuse Blanche, dem weißen Gegenpart der Mondeuse.

Die Domaine des Ardoisières wurde 1998 ins Leben gerufen, um diesen über Jahrhunderte bekannten Hang in Cevins wiederzubeleben, von dem unter anderem der »Schiste« stammt. Wein wurde hier bereits gepflanzt bevor die Römer kamen.

Farblich deutlich kräftiger als der Einstiegswein der Domaine, der »Argile Blanc«, eher in ein goldeneres Strohgelb gehend.

Das Bouquet ist äußerst subtil. Ich habe mich sofort gefragt, wie sich dieser Wein in den nächsten 10-15 Jahren entwickeln wird. Man hat hier weiße Blüten, frische Butter, etwas Orangenzeste, etwas grünlich wirkende Birne und am zweiten Tag auch etwas Honig/Met und eine gewisse Kalkigkeit. Die alpine Frische ist schon in der Nase spürbar. Ähnlich wie der »Argile Blanc« ist der »Schiste« keine Fruchtbombe in der Nase, sondern eher leise.

Im Trunk wie zu erwarten frisch, präzise, klar, aber mit enorm komprimierter Substanz, die sich einen wieder fragen lässt, wie sich dieser Wein in 10-15 Jahren zeigen wird. Der »Schiste« wirkt ordentlich druckvoll am Gaumen, wirkt zuerst cremig und wird dennoch sofort von dieser präzise und frisch wirkenden Säure überrannt. Der Wein bleibt lange am Gaumen mit einer Mischung aus agrumes (Zitrusfrüchten) und einer angenehm leichten Bitternote, die allerdings nichts mit Unreife zu tun hat. Sehr gut ausbalanciert und frisch.

Was gab es dazu zu Essen? Flußkrebse auf einer Erbsenpaste und Baguette (siehe Instagram).

Ein Wein für Leute die hinhören und hinschmecken wollen. Kein Metallkonzert, sondern eher eine zarte Sinfonie mit Tiefgang. Bei vinatis könnt ihr den Wein kaufen:

»Domaine des Ardoisières Schiste 2016«

Den preiswerteren »Argile Blanc« gibt es hier:

»Domaine des Ardoisières Argile Blanc 2016«